Anlass für ein neues Kunstprojekt im Atelier Gust war ein Gespräch mit einer Künstlerin, deren Sehkraft mehr und mehr schwindet. Sie hat lebhaft geschildert, was in diesem Erblindungsprozess passiert:
Starke Sehbehinderungen sind verknüpft mit
Verlusten in vielen Lebensbereichen. Sowohl berufliche als auch private
Aktivitäten sind nur noch eingeschränkt möglich, teilweise überhaupt nicht mehr.
Man kann nicht mehr mithalten und mitreden. Man fühlt sich ausgegrenzt und zieht
sich gleichzeitig auch selbst zurück. Der Wegfall der eigenen Kunstproduktion
und des Kunstgenusses in Ausstellungen werden besonders schmerzlich erlebt. Auch
Gemeinschaftserlebnisse, z. B. gemeinsames Spielen werden vermisst. Das Gespräch hat Maria Gust lange beschäftigt. Entwickelt hat sich daraus die Idee zu einem Kunstobjekt, das sowohl Sehenden als auch Sehbehinderten etwas bietet.
Das Objekt enthält 36 kleine Kästchen mit vielen
verschiedenen tastbaren Dingen. Diese lassen sich auf einer Platte zu immer
neuen Konstellationen versetzen und erzeugen damit verschiedenste, assoziative
Bezüge zwischen den Dingen. Der optische, aber auch der fühlbare Gesamteindruck
wird dadurch nicht langweilig. Zwei jeweils gleiche bzw. ähnliche Objekte, also 18 Paare bieten zudem die Möglichkeit, das Projekt als Memo-Spiel zu nutzen. Mutige sehende Mitspielende können sich bei diesem Spiel die Augen verbinden und sich tastend in die abenteuerliche Welt der Menschen mit Sehbehinderung versetzen.
Noch ein Aspekt wird eine Rolle spielen und das
Hören ansprechen: Mit einigen Dingen in den Kästchen lassen sich Geräusche
erzeugen, vielleicht sogar „Musik“ machen. Also nicht wundern, wenn ein Kissen
quietscht.
Über Monate ist dieses Projekt durchdacht worden;
Konstruktions-Zeichnungen wurden angefertigt, Materialien getestet und
Zulieferer gesucht. Ein Prototyp in Pappkästchen wurde hergestellt, mit einer
fast blinden Person probe-gespielt und von ihr mit Begeisterung aufgenommen.
Viele Arbeitsstunden kamen zusammen. Besonders schön: Einige Geschäfte aus der
Umgebung haben spontan mit kleinen Füllmaterialien unterstützt und Ideen
beigetragen. In den kommenden Tagen/ Wochen werden die Kästchen nach und nach mit den Füllungen bestückt. Die Vollendung lässt sich im Schaufenster der Hüxstr. 111 mitverfolgen. Geöffnet ist das Atelier jeweils freitags von 14-18 Uhr und samstags von 11-14 Uhr, ab Januar bis März nur samstags 11-14 Uhr.
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